Veröffentlicht am 18. Januar 2022

Drachenläufer – Drachenfliegen bringt Begegnungen auf Augenhöhe

Inwiefern leisten Integrationsmassnahmen, die Sport als Mittel zum Zweck nutzen, einen Beitrag zu mehr Sport und Bewegung in der Schweizer Bevölkerung?

© BASPO

Der Versuch «Drachenläufer» fokussiert auf Jugendliche und junge Erwachsene mit Fluchterfahrung aus Afghanistan. Über das Drachenfliegen, eine Tradition aus ihrem Heimatland, sollen sie sich selbstbewusst und auf Augenhöhe in ihre «neue» Gesellschaft einbringen können. Dabei werden die Rollen der Lernenden und Lehrenden bewusst umgedreht: Für einmal sind es die Flüchtlinge, die aus ihrem Leben erzählen und anderen Menschen etwas beibringen. In Workshops sollen die Flüchtlinge selbstwirksam interessierten Schweizerinnen und Schweizern den Drachenbau beibringen, Flugtechniken erklären und mit ihnen den Drachenkampf, eine sehr physische Disziplin, üben. So werden sie auf Wettbewerbe und auf eine regionale Meisterschaft vorbereitet, an denen die stärksten und schönsten Drachen gekürt werden. Im Zentrum des Versuchs stehen die Beziehungen, die einen intensiveren Austausch zwischen den verschiedenen Kulturen möglich machen, und daneben auch die Bewegung und der Sport.

Setting: Jugend- und Sozialarbeit / Asylwesen

Zielgruppe: Unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) und in der Schweiz sozialisierte Kinder und Jugendliche

Ergebnisse

Im Versuch «Drachenläufer» teilten Jugendliche und junge Erwachsene mit Fluchterfahrung aus Afghanistan in Drachenbau- und Drachenflug-Workshops ihren Nationalsport «Patang» mit in der Schweiz sozialisierten Kindern und Jugendlichen.

• Insight

  Die Workshopteilnahme bot den UMA aus Afghanistan die Möglichkeit, ausserhalb des Alltags im Asylzentrum, gemeinsam mit Gleichgesinnten eine Aktivität auszuüben, die sie seit der Kindheit kennen.

• Dauer

  Zwischen April 2022 und Oktober 2022 haben acht Workshops stattgefunden.

• Was wurde umgesetzt?

  • Aufbau und Kontakt zu zentralen Stakeholdern (Asyl-Organisation Zürich AOZ, Organisation for Refugee Services ORS, Bundesasylzentrum, Jugend- und Sozialarbeit)
  • Durchführung von 8 Workshops an vier verschiedenen Standorten in der Stadt Zürich (Langmauerstrasse, Kronengasse, Felsenrainstrasse, Wipkingerpark)
  • Verteilen von Flyern und direkte Gespräche mit Schlüsselpersonen, Entwicklung eines Logos mit Claim «The Sky is our Playground» sowie Produktion eines Werbefilms

• Wer wurde erreicht?

  • Unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) und in der Schweiz sozialisierte Kinder und Jugendliche
  • Insgesamt 96 Teilnahmen zwischen April und Oktober 2022
  • Die UMAs waren im Schnitt älter als die in der Schweiz sozialisierten Teilnehmenden (mehrheitlich Kinder)
  • Sehr grosses Interesse seitens Personen aus dem Bundesasylzentrum
  • 8% weibliche und 82% männliche Teilnehmende (generell gibt es mehr männliche UMAs)

• Zufriedenheit

  • Beobachtungen in den verschiedenen Workshops zeigten bei den teilnehmenden UMA während des Drachenbastelns eine ruhige und konzentrierte Atmosphäre mit vereinzelten Gesprächen und Lachen. Sie strahlten dabei Zufriedenheit aus. Am besten gefallen hat das Drachenbasteln und -fliegen sowie der Erhalt eines ÖV-Tickets.
  • Auch Kinder, die in der Schweiz aufgewachsen sind, zeigten viel Freude am Drachenbasteln und -fliegen.

• Wirkungen

  • Körperliche Aktivität: Drachenfliegen findet meist stehend und gehend statt (sedentary bis leicht/mittel intensive körperliche Aktivität, gelegentlich kurze Sprints oder schnelles Joggen). Je nach Windverhältnissen und Alter der Teilnehmenden variiert die körperliche Aktivität (bei wenig Wind nimmt die physische Aktivität zu)
  • Die Workshopteilnahme ermöglichte insbesondere bei den UMAs das Erleben von Kompetenz und Selbstwirksamkeit.
  • Der Umgang unter den Teilnehmenden war respektvoll und freundlich
  • Der interkulturelle Austausch zwischen den UMAs und in der Schweiz sozialisierten Menschen hat nur bedingt stattgefunden, da oft nur die einen oder anderen an den Workshops teilgenommen haben

• Erfolgsfaktoren

  • Kontaktaufbau mit wichtigen Stakeholdern des Asylbereichs und lokalen Akteuren (Offene Jugendarbeit, Vereine etc.)
  • Workshopleitende sollten über die nötigen Sprachkenntnisse verfügen und einen ähnlichen Hintergrund (bzw. Verständnis für Fluchterfahrungen) haben wie die Teilnehmenden
  • Intrinsische Motivation der UMA aus Afghanistan
  • Originalmaterial (Faden) für den Drachenbau
  • Finden und Motivieren von in der Schweiz sozialisierten und am Drachenbau und -flug interessierten Jugendlichen

• Wie weiter?

  Die langfristige Integration von Patang in den Aktivitätenkalender von infoklick.ch wird geprüft. Die Verknüpfung mit anderen Sportprojekten wie Laureus Street Soccer oder die Ausweitung des TandemMitWirkung-Konzepts auf Sportarten wie Cricket sind ebenfalls denkbar.

• Mehr Informationen zum Versuch/Versuchsorganisator: Kinder- und Jugendförderung Schweiz
• Abschlussbericht anfragen

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